1. Das diese Folge eine der besten überhaupt wird, zeigt sich am Anfang leider in keinster Weise. Erst macht sich Kate fast komplett direkt vor dem Strandcamp oben rum frei und dann wird auch noch Jacks Blinddarm-OP angedeutet, die ich bis dahin erfolgreich verdrängt hatte.
Aber dann geht es richtig los: Bernard ruft am Strand um Hilfe, Vincent ist endlich mal wieder dabei und bellt auch um Hilfe. Eine Leiche wird am Strand angespült und es wird schnell klar, dass es der Bordarzt vom Frachter ist.
Da Jack Daniels konfuse und verwirrende Antworten bezüglich der Leiche nicht ausreichen, soll er den Frachter kontaktieren, was mit dem Arzt geschehen ist und ob mit Sayid und Desmond alles in Ordnung ist. So morst Daniel den Frachter an und erfährt, dass es dem Doc gut geht, er quicklebendig auf dem Frachter rumläuft. Hier werden die Zeitdifferenzen nochmal allzu deutlich, ein toter Arzt am Strand, ein lebendiger auf dem Frachter.
Zum Glück für die Losties kann Bernard auch die Morsezeichen verstehen und deckt Daniels Lüge sofort auf. So kommt es auch am Strand, wie es kommen muss, Daniel sagt endgültig die Wahrheit, dass sich der Frachter nicht auf einer Rettungsmission befindet.
2. Wer dachte, dass es am Strand schon hoch her geht, war wohl von den Szenen bei den Baracken mehr als überwältigt.
Es geht schon ziemlich krass mit Hurleys Satz "we´re all gonna die" los. Dabei spielen Locke, Sawyer und er "nur" Risiko. Das sie sich gerade dieses Spiel ausgesucht haben, ist wirklich erstaunlich und dann noch einige Anspielungen auf die gesamte LOST-Situation mit Australien als Mittelpunkt und dem gegenseitigen Ausspielen durch eine Person. Stark! Schön auch zu sehen, dass es wieder Hurley ist, der Glück hat und besser als Sawyer würfelt.
Dann verändert sich die Lage schlagartig, nachdem Alex ihren Vater und alle bei den Baracken durch den Code 14J vor den Söldnern warnt. Locke kann mit diesem natürlich erstmal nichts anfangen und berichtet Ben davon, der sofort reagiert ("one of my people is captured"), indem er einige Waffen aus seinen Verstecken im Haus zaubert. Genial Lockes Blick dabei, der Ben wohl immer noch als seinen Gefangenen sah, doch wenn Ben gewollt hätte, hätte er in seiner Behausung schon etliche Möglichkeiten gehabt, Locke loszuwerden. Da zeigt sich, wie brillant Ben vorgeht, er braucht Locke (und Hurley auch) noch, um an Jacob ranzukommen und ließ deswegen alle im Glauben, er wäre zu diesem Zeitpunkt schwach und keiner durchschaut ihn.
Sich schwach stellen ist eine seiner meist funktionierenden Darstellungen, schon als Henry Gale, jetzt hier, später beim Erwachen in Tunesien (siehe unten) hat er es vollzogen und auch bei Widmore versucht er es (siehe noch weiter unten).
Um Locke nah bei sich zu behalten, macht Ben ihm ein Angebot, das er nicht abschlagen kann, damit er überlebt: "You wanna live, I´m your best chance.".
Nun folgt das erste große Aufeinandertreffen in dieser Folge, Aaron fängt an zu weinen, die Söldnerleute sind bei den Baracken angekommen. Sawyer will Claire in Sicherheit bringen und kommt genau in die Schusslinie, die Redshirtjagd hat begonnen und so wird einer nach dem anderen, wie in einem Videospiel, angeknallt. Wie durch ein Wunder schafft es Sawyer zu Claires Haus, das als einziges explodiert, doch auch sie überlebt. Und ja, ich glaube, sie lebt, keine tote Claire.
Als die beiden wieder bei Bens Haus ankommen, sollen sie nicht hineingelassen werden, Ben und Locke bedrohen Hurley sogar mit Waffen, doch dieser entscheidet selbst und rettet Claire und Sawyer, sie kommen hinein (wieder rettet Hurley Menschen, indem er selbst eingreift und sich nicht abhalten lässt, klasse!).
Eine der witzigsten Szenen ist Miles vor der Tür "Ding Dong", er wurde von den Söldnern freigelassen und hat ein Walkie Talkie dabei, damit Ben mit ihnen Kontakt aufnimmt. Er weigert sich jedoch erst, bis er erfährt, dass Alex die Gefangene ist. Schon allein diese Tatsache hat Ben überrascht, er hat damit gerechnet, dass sie es zu den Others und somit zum Tempel geschafft hat.
3. Die Verhandlungen zwischen Keamy und Ben zeigen die beiden Charaktere in ihrer ganzen Pracht. Auf der einen Seite steht Keamy, der knallharte Söldner, der über Leichen geht und anfänglich glaubt, er hätte mit Ben einen leichten Gegner vor sich, sodass seine Mission schnell über die Bühne gebracht wird. Er verspricht Ben etwas, von dem er denkt, dass er es hören will, nämlich einen friedlichen Abgang, wenn Ben sich stellt. Doch er hat Ben nicht wirklich gut eingeschätzt, denn er weiß alles über Keamy und die Söldner und lässt sich nicht auf dieses Scheingeschäft ein, schlimmer noch, er will, dass sich die Söldner einfach umdrehen und wieder von der Insel verschwinden, als wären sie nie dort gewesen.
So geht Keamy schnell einen Schritt weiter und holt Alex zu sich, die um ihr Leben fürchtet, zu recht fleht sie Ben an ihr zu helfen. Hier ergibt sich die letzte Chance für Ben, die letzte Entscheidung muss folgen, doch er trifft die Falsche, sein Versuch die Situation zu entschärfen, indem er sagt, sie ist nicht seine Tochter und bedeutet ihm nichts, ist Alex´Todesurteil. Keamy schießt, womit Ben auf keinen Fall gerechnet hat, deutlich an seiner Reaktion zu erkennen, wie bestürzt er ist und er für einen Augenblick keine Ahnung hat, wie er weiter vorgehen soll, weil er so schockiert ist. "He changed the rules." Widmore hat sich nicht an die Regeln gehalten, Alex Tod durfte nicht sein, nur deshalb hatte Ben so gleichgültig über Alex gegenüber Keamy reagiert. Von Wut gepackt, ergreift Ben mit Smokey eine Möglichkeit, die scheinbar nur als letzter Ausweg gedacht ist, da er ihn zwar so rufen, aber seine zerstörerischen Kräfte danach nicht kontrollieren kann. Deswegen muss Lockes sehr verkleinerte Gruppe schnell die Baracken verlassen, während Smokey durch das Dharmadorf wütet und die Söldner verletzt.
Ben jedoch schickt die anderen vor, er will Abschied nehmen von seiner Tochter, denn er hat sich falsch entschieden und ist sehr verzweifelt deswegen, eine Gefühlslage, die man bei ihm so gut wie nie zu sehen bekommt. Mir tat er in diesem Moment wirklich sehr leid!
4. Im Wald folgt dann die komplette Spaltung der Gruppe um Locke. Er und Ben haben einen Plan, sie wollen zu Jacobs Hütte, damit er ihnen sagt, was als nächstes zu tun ist. Als Sawyer das ablehnt und mit den anderen zum Strand zurück will, fängt Aaron an zu weinen. In diesem Moment ist es sehr auffällig, dass er weint. Die ganze Zeit über mit Schüssen und Explosion etc. schien er ganz ruhig, aber kaum heißt es: Ihr geht zu Jacob, wir gehen zum Strand, protestiert der Kleine, als würde er umbedingt mit zur Hütte wollen. Irgendetwas ist mit dem Gör, nur was ist die Frage...
Durch die Spaltung wird die Freundschaft zwischen Sawyer und Hurley noch größer, als sich Sawyer gegen Locke stellt und ihn sogar mit Mord droht, wenn er Hurley mitnimmt und ihm dabei etwas passiert. So schließt sich Hugo letztendlich gezwungener Maßen Ben und Locke an, doch anstatt ihn vorzuschicken (was ja eigentlich der Grund ist, warum er überhaupt bleiben sollte), geht Ben vor.
5. Diese Folge hat wirklich alles, was eine der besten Folgen braucht, gute Dramatik, jede Menge unvorhersehbare Wendungen, Action, Twists zwischen den Charakteren und den besten Flashforward.
Wie verwirrend das alles ist. Ben wacht in der Sahara auf, ist verletzt und allein in dieser Wüste, hat aber einen Winterparka an. Als ob das nicht schon genügend Fragezeichen über die Köpfe der Zuschauer aufblitzen lässt, kommen zwei Reiter mit Waffen auf ihn zu, die Ben erst scheinbar ängstlich versucht zu beruhigen und dann doch in Windeseile mit seinem Teleskopstock ausschaltet, als ob er das jeden Tag macht, und reitet davon. Daraufhin taucht er in einem Hotel in Tunesien auf und das auch noch 10 Monate in der Zukunft, wo er mit seinem Decknamen wie ein Promi behandelt wird, es wundert einen schon gar nichts mehr, der Typ ist einer, den man lieber nicht zum Feind haben sollte.
Zu allem Überfluss, bekommt Ben auch gleich eine gut zu verwertende Information mit Nadias Tod, der ihn gleich zu einem neuen, genialen Plan bringt.
So trifft er "ganz zufällig" Sayid im Irak bei Nadias Beerdigung und schafft es leicht ihn für sich zu gewinnen, indem er Sayid von Widmores Mann erzählt, der angeblich für den Tod seiner Geliebten verantwortlich sein soll. Natürlich bringt er Sayid dazu, den Mann aus freien Willen zu töten und danach auch aus freiem Willen für Ben weitere Morde begehen zu wollen, sonst wäre er ja auch ein Unmensch. So gönnt er sich ein triumphierendes Lächeln (das mir schon fast Angst macht), als er Sayid soweit hat.
6. Doch all diese Flashforwards sind nichts gegenüber dem Treffen mit Widmore.
Schon sein gezückter Teleskopstock beim Empfang zeigt seinen festen Willen, sich Widmore gegenüber zustellen. Der Portier hat Glück und lässt ihn gewähren, sonst wäre es sicherlich nicht gut mit ihm ausgegangen (so viel zu: Ich töte/verletzte keine unschuldigen Leute...). Im Apartment angekommen überrascht Ben Charles im Schlaf, es ist Zeit, die Karten neu zu legen.
Das Widmore seinen Scotch zur Beruhigung braucht, weil ihn Alpträume plagen, hat mich sofort an Walt erinnert, der in seinen Träumen wohl auch die Insel besucht und dabei nicht immer nur schöne Dinge erlebt (z.B. Locke am Strand umzingelt von Menschen, die ihn töten wollen). Es könnte aber auch, wie Samir und Erik vorgeschlagen haben, Samuel sein, der Widmore durch Träume neue Instruktionen aufgibt.
Mindestens genauso interessant ist die Tatsache, dass Ben Widmore nicht töten kann. Im übrigen ist doch bisher noch nicht gesagt worden, dass Widmore Ben auch nicht umbringen kann, oder ist mir da etwas entgangen? Ich denke zwar auch, dass es sich auf beide bezieht, doch könnte damit ja auch nur Ben gemeint sein, der Widmore nicht direkt töten kann.
Meiner Meinung nach würde Ben es sich auch gar nicht so einfach machen und Widmore töten, selbst wenn er es könnte. Er möchte schließlich, dass Charles genauso leidet wie er und prophezeit ihm, Penny umzubringen, damit er sich wünscht, niemals die Regeln geändert zu haben. Gerade weil Widmore Ben einschätzen kann ("I know who you are, boy. I know what you are."), und ihm seine Opferdarstellung nicht glaubt, nimmt er seine Drohung ernst, doch will er ihm den Wind aus den Segeln nehmen: "You´ll never find her!". Doch andersherum behauptet Ben, dass Widmore niemals die Insel finden wird, für die er sich immer noch als rechtmäßiger Besitzer glaubt.
Ben hatte immer einen entscheidenen Vorteil gegenüber Widmore: Er war auf der Insel und konnte von da aus agieren, manipulieren und die Insel dadurch vor ihm verstecken. Widmore konnte (bisher) immer nur den kürzeren ziehen, da er sich ausserhalb der Insel befand und sie nicht finden konnte.
Fazit:
Was für eine Folge! Es fehlt an nichts, es ist alles vereint, was man sich als LOST-Fan wünscht. Ganz große Schauspielleistungen in einer Qualität, die man sonst wirklich nur von guten Kinofilmen kennt!
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Zu 1.
AntwortenLöschen„Das diese Folge eine der besten überhaupt wird, zeigt sich am Anfang leider in keinster Weise. Erst macht sich Kate fast komplett direkt vor dem Strandcamp oben rum frei...“
=> Aber wieso? Besser kann eine Folge doch gar nicht starten! ^^
„Eine Leiche wird am Strand angespült und es wird schnell klar, dass es der Bordarzt vom Frachter ist.“
=> Für mich ist das irgendwie immer ein seltsames Gefühl, daß der Frachter-Arzt ausgerechnet der Chef von Gil Grissom ist!
„Da Jack Daniels konfuse und verwirrende Antworten bezüglich der Leiche nicht ausreichen,...“
=> Tja, durch Jack Daniel's erhält man halt öfter mal konfuse und verwirrende Antworten! ^^
Zu 2.
„Da zeigt sich, wie brillant Ben vorgeht, er braucht Locke (und Hurley auch) noch, um an Jacob ranzukommen und ließ deswegen alle im Glauben, er wäre zu diesem Zeitpunkt schwach und keiner durchschaut ihn.“
=> Wenn Ben, wie behauptet, damals Locke nur zur Hütte gebracht hat, um ihm eine Komödie vorzuspielen, wieso erhofft er sich jetzt trotzdem Antworten aus eben dieser Hütte?
"You wanna live, I´m your best chance."
=> Wenn man Staffel 5 kennt, klingt ein solcher Satz von Ben zu Locke schon ganz schön zynisch!
„Und ja, ich glaube, sie lebt, keine tote Claire.“
=> Denke ich auch. Die Szene in „Cabin Fever“ läßt eigentlich keine andere Schlußfolgerung zu!
„Ben und Locke bedrohen Hurley sogar mit Waffen, doch dieser entscheidet selbst und rettet Claire und Sawyer, sie kommen hinein (wieder rettet Hurley Menschen, indem er selbst eingreift und sich nicht abhalten lässt, klasse!).“
=> Auch hier wird wieder einmal Hurleys Bedeutung als DIE Variable betont!
Zu 3.
"He changed the rules."
=> Was ich an dem Satz immer nicht so ganz verstehe: Ben sagt nicht, daß Widmore die Regeln gebrochen hat. Er sagt stattdessen, daß er sie verändert hat! Was heißt das? Hat Widmore einen direkten Einfluß auf die Spielregeln, ist er weniger ein Gegner, sondern eher ein Spielleiter (was ja eigentlich nicht zu seiner bisherigen Charakterisierung passen würde!)? Oder ist auch Widmore eine wichtige Variable in diesem Spiel?
„Ben jedoch schickt die anderen vor, er will Abschied nehmen von seiner Tochter“
=> Hat er sie eigentlich begraben? Nach Other-Sitte verbrannt hat er sie jedenfalls nicht!
Zu 6.
„Das Widmore seinen Scotch zur Beruhigung braucht, weil ihn Alpträume plagen, hat mich sofort an Walt erinnert, der in seinen Träumen wohl auch die Insel besucht und dabei nicht immer nur schöne Dinge erlebt (z.B. Locke am Strand umzingelt von Menschen, die ihn töten wollen). Es könnte aber auch, wie Samir und Erik vorgeschlagen haben, Samuel sein, der Widmore durch Träume neue Instruktionen aufgibt.“
=> Wenn Samuel das tut, könnte Widmore aber mit dem Scotch einen Weg gefunden haben, diese Instruktionen zu mißachten. Betrunkene nehmen nicht nur die Realität, sondern auch ihre Träume anders wahr.
„Mindestens genauso interessant ist die Tatsache, dass Ben Widmore nicht töten kann. Im übrigen ist doch bisher noch nicht gesagt worden, dass Widmore Ben auch nicht umbringen kann, oder ist mir da etwas entgangen?“
=> Sie könnten es beide schon, nur würden sie die Regeln damit verändern!
(kopiert aus OLG 13.01.10)