Samstag, 3. April 2010

6/09 – AB AETERNO (Samir)

You're gonna have to kill the devil
Noch nie ist mir ein Recap so schwer gefallen wie dieser. Und dass, obwohl das die Art einer Folge Lost war, auf die wir seit 6 Staffeln gewartet haben. Antworten!!! Klare unmissverständliche Antworten! Und wir wussten, dass – wenn eine Folge viel beantworten würde – dann würde es eine Richard-Folge sein. Aber mit einem 45minütigen „Bibel-Feuerwerk“ hätte wohl niemand gerechnet. Ich warne bereits vor, dass dieser Recap eine exakte Fortsetzung dieses Feuerwerks werden wird – sprich: mein religiösester Recap aller Zeiten zu einer wirklich biblischen Folge – Let's go back!

YOUR BEDSIDE MANNERS SUCK, JACOB
Ich weiß nicht so recht, was ich mit der Ilana-Szene am Anfang machen soll. Hat Jacob Ilana geheilt oder nicht? Immerhin muss man festhalten, dass man wohl nicht umsonst gezeigt hat, dass er Handschuhe trug. Wenn ich einen Tipp wagen soll, würde ich sagen, dass beide Szenen mit Ilana nicht unmittelbar aufeinander folgten – sprich, dass Jacob Ilana besucht hat, als sie gerade frisch mumifiziert worden ist und dann erneut zu einem späteren Zeitpunkt, als sie kurz davor stand, ihre Reise anzutreten. Vielleicht irre ich mich aber auch, und es ist überhaupt nicht Jacobs Berührung, die die Heilung verursacht, sondern seine pure Anwesenheit. Als Locke und Rose abgestürzt sind, kam Jacob immerhin auch nicht vorbei und hat sie berührt. Bei den beiden zumindest scheint die einfache Anwesenheit von Jacobs Aura gereicht zu haben, um geheilt zu werden. Ich lehne mich auch so weit aus dem Fenster, und sage, dass wir niemals erfahren werden, weshalb Ilana überhaupt in Bandagen gelegen hat, sondern dass das lediglich den Rahmen darstellt, der dazu dient, das Gewicht der Jacob-Besuche auf den Aspekt der Verletzbarkeit zu lenken. Und das ist auch einer der zwei wichtigen Dinge, an dieser Szene, die man unbedingt mitnehmen muss.
Jacob besucht Ilana (genau wie die Losties) in einem Moment der Schwäche und der Verwundbarkeit. So wie MIB es damals gesagt hat, klang Jacobs Masche ziemlich intrigant. Aber vergleicht man es mit Jacobs Satz in dieser Folge, dass die Menschen aus eigenem Antrieb den Unterschied zwischen richtig und falsch sehen sollen, ergibt das ganze einen etwas anderen Kontext. Denn es ist um ein vielfaches Leichter, das „Richtige“ zu tun, wenn es einem gut geht. Den eigentlichen Beweis kann man allerdings nur erbringen, ob die Menschen auch das „Richtige“ tun, wenn ihnen etwas genommen wurde. So wie Abraham am Berg Moriah.
Ebenso wichtig ist die Tatsache, dass Jacob vor Ilana von sechs Kandidaten spricht. SECHS. Und das zu einem Zeitpunkt, an dem Locke noch nicht vom Monster übernommen wurde. Die Zahl der Kandidaten hat sich zwischen Jacobs Besuch bei Ilana und dem Tod von Jacob also nicht verändert. Was bedeutet: entweder hat Jacob bereits an diesem Punkt Locke nicht mehr als Kandidaten angesehen, da er wusste, was aus ihm werden würde. Oder aber, der Besuch bei Ilana fand zu einem Zeitpunkt statt, an dem Locke bereits tot war und dementsprechend disqualifiziert war als Kandidat. Ich persönlich tendiere zur ersten Option, denn Jacob MUSS gewusst haben, was passiert – immerhin holt er Ilana nicht umsonst auf die Insel um die Kandidaten zu beschützen.



UND ES WARD LICHT
Als alle Losties gemeinsam in einer gemütlichen Runde beim Lagerfeuer sitzen, ist es mehr als nur symbolisch, dass Richard außerhalb sitzt – im Dunkeln. Eine Ewigkeit hindurch wurde er im Dunkeln gelassen über die konkreten Zielsetzungen Jacobs. Er wusste zwar, worauf genau Jacob hinauswollte – viel mehr jedoch wusste er nicht. Er wusste noch nicht einmal davon, dass Jacob Kandidaten suchte, die ihn ersetzen sollten. Während die Losties 100 Tage lang im Dunkeln tappten, tat er es 150 Jahre lang.

Ich gebe zu, mir hat sich die Kehle zugeschnürt, als Richard Jack gesagt hat, dass sie alle tot seien und sich längst in der Hölle befänden. Ich hatte hier (wie die meisten wohl auch) finstere Befürchtungen, dass es bei Lost im Endeffekt tatsächlich um die Hölle oder das Fegefeuer geht. Bei weiterer Begutachtung dieser Szene erschließt sich hierbei aber möglicherweise ein Satz, den Alpert in Staffel 5 gesagt hat, als Sun ihn fragte, ob er sich an Jack, Hurley und Kate erinnere. Seine Antwort: „I remember meeting them very clearly. Because I watched them all die.“
Vielleicht hat Richard Alpert den Flugzeugabsturz von Oceanic 815 fehlinterpretiert durch die Augen eines tief-katholischen Mannes, der seit seiner Ankunft auf der Insel überzeugt davon ist, sich in der Hölle zu befinden, in der er aufgrund seiner Sünden bis in alle Ewigkeit verbleiben würde. Dann widerum: Richard konnte sich 1977 wohl kaum an einen Flugzeugabsturz von 2004 erinnern. Crap!



WE LET YOU LEAVE THE ISLAND AND YOU JUST GO TO ANOTHER ONE...
Ich kann sagen, dass sich das Warten auf Richards Backstory gelohnt hat. Anstatt uns Bits & Pieces aus Richards Leben hinzuwerfen (wie man es bei Ben in „The Man behind the Curtain“ gemacht hat), hat man uns den einen Teil von Richards Leben gezeigt, der für ihn wirklich relevant war. Jener verhängnisvolle Tag auf Teneriffa, der sein Leben verändert hat – und jener verhängnisvolle Tag auf der Insel, der den Grundstein für die nächsten 150 Jahre gelegt hat. Müssen wir mehr wissen aus Richards Vergangenheit? Müssen wir sehen, wie er in den 1920er Jahren einen Anführer gesucht hat? Müssen wir sehen, wie er noch einmal mit Horace Goodspeed redet? Nein, müssen wir nicht. Wir haben das einzig relevante aus Richards Leben gesehen: nämlich dass, was seinen Charakter geprägt hat. Und da Lost eine Serie ist, bei der es um die Charaktere geht, ist das das einzig relevante.

Richards Backstory war so gut und emotional und so fantastisch von Nestor Carbonell in Szene gesetzt (gebt dem Mann endlich einen Emmy, verdammt nochmal!), dass man Logikschwächen an Richards Backstory gerne übersieht (wie zum Beispiel die Frage, warum die Briten auf Teneriffa nach Sklaven suchen oder wieso Richard als Spanischsprachiger ausgerechnet in die englischsprachigen USA auswandern will).

Wir sehen in Richards Vergangenheit das große Element seines Lebens: Isolation. Er stammt von einer Insel, er landet auf einer Insel, im Schiff ist er der letzte Überlende, er sitzt alleine in seiner Zelle und er und Isabela leben abgeschieden auf einem Bauerngehöft weitab von der Zivilisation. Welch Ironie, dass ein Mensch, dessen Leben von Isolation geprägt war, später ausgerechnet dazu erkoren wird, Jacobs herbeigerufenen Leuten den Weg zu weisen.

Und BTW – netter Fun Fact: Teneriffa war im 15. Jahrhundert bekannt als Isla del Infierno (Insel der Hölle).



REDEMPTION SONG
Nach nahezu sechs Staffeln erhalten wir endlich eine Antwort darauf, wie die Black Rock in der Mitte des Dschungels geendet ist, nämlich durch einen Tsunami (lustigerweise war es genau das, was Arzt in Staffel 1 vermutet hat – gut zu wissen, dass er zumindest in einem Punkt Recht gehabt hat). Und eben jener Tsunami hat dann auch gleich unsere schöne Statue vernichtet.

Die Tatsache, dass Jacob und MIB in „The Incident“ bei strahlendem Sonnenschein ein Schiff am Horizont beobachtet haben, legt die Vermutung nahe, dass es sich dabei um ein komplett anderes Schiff gehandelt haben muss. Gott allein weiß, wieviele Jahre (oder Jahrhunderte) vor der Black Rock das Gespräch aus „The Incident“ stattgefunden haben muss...

Kaum auf der Insel werden alle Überlebenden der Black Rock erstmal schön sauber dahin-dezimiert. Die einen durch die Klingen von Widmo... nein, Whitfield heißt der Mann, die anderen durch Smokey, der Whitfield und die anderen Offiziere wahrscheinlich deshalb tötet, weil sie reuelos ihre Sklaven hingemeuchelt haben. Denn – und das ist wichtig zu verstehen – so sehr MIB es auch hasst, auf der Insel zu sein, er fügt sich dem Regelwerk.
Wer nicht bereut, der muss sterben. So einfach sind die Regeln in diesem Punkt. Jacob sagt es auch nochmal ziemlich deutlich, dass das Leben VOR der Insel irrelevant ist – das einzige was zählt, sind die Handlungen auf der Insel. So wie zum Beispiel seine Sklaven hinzurichten. Er scheint aber nicht nur Leute „herauszufiltern“, die „corrupt“ sind, sondern er scheint gleichzeitig tatsächlich seiner Rolle als Sicherheitssystem nachzukommen (es wird sogar noch direkt gesagt: „The island is guarded by the devil“). Das französische Team wurde ermordet, in dem Moment, in dem sie sich dem Tempel genähert haben. Zugegeben ist Smokey manchmal wohl etwas launisch – anders kann ich mir zumindest den Tod an Seth Norris in „Pilot“ nicht erklären... was im Pilotfilm passiert ist, würde ich auf der anderen Seite jedoch auch nicht über-analysieren, da zu diesem Zeitpunkt die Serie wohl kaum fertig-konzipiert war. Das einzige, was überhaupt nicht ins Konzept passt, ist leider die Ermordung von Eko – denn dieser wurde anscheinend hingerichtet für Dinge, die er eben VOR der Insel begangen hat... hmmm...



LIFE IS EASY WHEN YOUR EYES ARE CLOSED
Ich weiß nicht, ob ich der einzige bin, dem aufgefallen ist, wie häufig in dieser Folge das Schließen der Augen so sehr in den Vordergrund gestellt worden ist. Isabela sagt ihm zweimal, er solle seine Augen schließen (einmal in ihrem Sterbebett und einmal bei ihrer Ghost-Vision am Schluss), Richards Augen wurden verbunden, als er zu Widmor... äh Whitfield geführt wurde. Er fragt später seinen Neben-Sklaven, ob er inmitten des Sturms etwas sehen könne. Dazu noch MIBs Ausspruch: „It's good to see you out of this chains.“ Und Hurley sagt ihm später noch deutlich über das Sehen von Toten: „Sometimes it takes people a while.“
Ich weiß nicht, was diese ganzen Andeutungen sollen – denn geschlossene Augen stehen symbolisch für einen Traumzustand. Und das wäre (noch hinter dem Fegefeuer) meine am wenigsten favorisierte Option für das Ende von Lost.



THEY'RE RECRUITING
Willkommen am Anfang von Jacobs Kandidaten-Suche. Es war Richards halbherzige Mord-Aktion, die Jacob zum radikalen Umdenken veranlasst hat. Jacob realisiert, dass MIB Ernst macht mit seiner Morddrohung. Diese hier war zwar mehr als nur ungeschickt und stümperhaft. Aber Jacob ist sich sicher, dass es MIB früher oder später gelingen wird, ihn zu töten. Was also ist die Lösung? Nachfolger suchen. Und ich habe nicht den geringsten Zweifel daran, dass Jacob bereits im Jahr 1867 die Namen Shephard, Reyes, Jarrah etc. in die Listen der möglichen Kandidaten gesetzt hat. Dass Jacob zukünftige Ereignisse sehen kann, haben wir schon lange gesehen. Es wäre also nur zu Jacobs Vorteil, die Kandidatensuche von Anfang an, als ein 150jähriges Konzept anzusetzen. Nicht nur, dass es Jacob weitere 150 Jahre Zeit gibt (denn wie soll MIB Leute töten, die nicht mal geboren sind?), es gibt Jacob auch 150 weitere Jahre Zeit, um MIB zu beweisen, dass er Recht hat mit seiner Hoffnung in die Menschen. Denn, auch wenn Jacob die Zukunft sehen kann – und das ist wieder eine Parallele zu monotheistischen Religionen – es sind letztlich die Entscheidungen der Menschen selbst, die ihr Schicksal beeinflussen. Das bedeutet: Jacob mag wissen, wer in 150 Jahren auf die Insel geholt werden muss, aber er hat keine Ahnung, wie die Menschen sich auf der Insel entscheiden.

Bis zur Ankunft von Richard Alpert jedoch scheint Jacob nur wahllos irgendwelche x-beliebigen Schiffe zur Insel geführt zu haben – immerhin wusste er nicht Richards Namen. Erst mit der Ankunft Richards scheint Jacob seine Leute-zur-Insel-holen-Aktionen zu koordinieren und organisieren. Was auch sinnvoll ist, denn bis hierhin wollte er ja lediglich MIB beweisen, dass er Recht habe. Von nun an jedoch sucht er jedoch gleichzeitig einen Nachfolger, wofür ein unkoordiniertes Leute-herholen einfach nicht mehr ausreichend ist.



HELLO SAMUEL, I WANT TO PLAY A GAME
Zugegeben, vieles (seeeeeeeeehr vieles) über die Jacob-Samuel-Nummer liegt noch im Halbdunkeln. Deswegen kann man zwar Umrisse erkennen, nicht aber das Gesamtbild. Wir sollten einige Dinge hier rausarbeiten.

Zunächstmal scheint auch die Titus-Welliver-Form nicht der „Urzustand“ von MIB zu sein. Er sagte schließlich ganz spezifisch, dass ihm sein Körper geraubt wurde. Ergo, muss die Titus-Welliver-Form eine Hülle von MIB sein, ähnlich der Hülle von Locke, die er jetzt „bewohnt“.

Zweitens: Jacob ködert die Leute nicht mit Versprechungen, sondern erwartet blinden Glauben (Leap of Faith). Er sagt Richard, dass er ihm weder seine Sünden vergeben kann, noch, dass er ihm seine Frau wiederholen kann (und dass, obwohl wir sehr gut wissen, dass er dazu imstande sein dürfte... bei Dogens Sohn gings schließlich auch.)

Drittens: MIB sagt, Richard soll Jacob erdolchen, ohne, ihn ein Wort sagen zu lassen. Das spiegelt Dogens Anweisung an Sayid wider. Das scheint zu implizieren, dass man MIB möglicherweise doch töten kann.

Viertens: MIBs Aussage „He can be very persuasive“ über Jacob klingt für mich, als würde er aus persönlicher Erfahrung sprechen. Kann es also möglich sein, dass sich MIB freiwillig in seine jetzige Situation begeben hat, ohne zum damaligen Zeitpunkt die Konsequenzen absehen zu können?

Fünftens: es sieht so aus, als hätte MIB Richard mit seinem Touch wiederbelebt. Und MIB konnte Richard aufhelfen – Christian konnte es bei Locke damals nicht – das lässt die Vermutung stärker werden, dass Christian keine Form von MIB sein könnte

Sechstens: die Kandidaten sollten in den nächsten Folgen vor Locke aufpassen... they're gonna have a Locke problem...



SMOKEY CAN CAUSE SEVERE HEALTH DAMAGES
Es hat mich unfassbar verblüfft, zu sehen, dass MIB Richard ins Gesicht sagt, dass er der schwarze Rauch ist. Und ich verstehe es auch nicht. Denn hätte er es nicht gesagt, wäre Richard mit Sicherheit um Einiges entschlossener auf Jacob zugestürmt. So hat er selber Zweifel gesät, die seinen Plan letztendlich scheitern ließen. Ich habe keine Ahnung warum er das gemacht hat, aber möglicherweise gehört es ja zu diesem Regelwerk, dass, wenn jemand die wahre Identität erkannt hat, dass MIB dann diesen Fakt eingestehen muss. Dann widerum hat er Sawyer in der letzten Folge auch ziemlich bereitwillig erzählt, dass er das Monster sei.



GHOST – NACHRICHT VON ISABELA
Was Isabela angeht, hab ich eigentlich nur zwei Dinge zu sagen:
Erstens: ja, auch ich fand die Szene zum Schluss zwischen Richard und Ghost-Isabella herzerweichend
Zweitens: nein, Isabela auf dem Schiff hatte NICHT den gleichen Auslöser wie Isabela in der Schlussszene. Im Schiff war Richard in der Lage, sie zu sehen. Das Ziel dieser Vision war es, ihn zu verführen – indem er seine Sicherheit über ihre stellen würde. Doch der Teufel ist mit diesem Versuch gescheitert, denn Richard ist es wichtiger, dass Isabela in Sicherheit ist, als dass auch er gerettet wird. Die Vision am Schluss konnte Richard nicht sehen. Das war eine Jacob- und / oder Ghost-Vision. Das Ziel dieser Vision war es, sich gegen MIB zu positionieren und seinen Glauben wiederzufinden.



LET'S GET BIBLICAL
Nie zuvor war eine Folge von Lost so randvoll zugepackt mit Bibel-Symbolik wie diese. Wer jedoch glaubt, dass das Ganze bei einfachen Himmel- und Hölle-Anspielungen seinen Gipfel erreicht hat, der irrt sich gewaltig. Das ist lediglich die Spitze des Eisbergs. Es gibt noch tonnenweise weitere Symbolik in dieser Folge (von der ich leider wohl nur einen Bruchteil erkannt habe, da ich nicht wirklich bibelfest bin).

Die Black Rock ist natürlich eine Allegorie auf die Arche Noah – jenes Schiff, dass durch die Sintflut (etwas, was wir auch in dieser Folge gesehen haben) mitten im Inland auf dem Berg Ararat strandet. In der Szene, in der die Vision von Isabela durch das Schiff wandert, sehen wir sogar tatsächlich eine Szene, in der sich ein Mann und eine Frau an Bord des Schiffes befinden.

Mehr christliche Symbolik? Bitte schön. Als Jacob Richard versucht, zu „töten“, welche Art des „Todes“ wählt er? Ertrinken. Das ist eine nahezu perfekte Symbolik für die christliche Taufe. Passenderweise findet diese Taufe inmitten der Ruinen der Statue statt – sprich in den Trümmern der vorchristlichen Religionen.

Noch mehr? Was isst MIB? Als unrein erachtetes Schweinefleisch. Was hingegen isst Jacob in „The Incident“? Fisch, das Symbol der frühesten Christen und das Symbol für Jesus Christus.

Und wo steht Richard, als er MIB zuruft, dass er auf seinen Deal eingehen will? Vor einem großen Baum. Die Symbolik wäre nur dann noch deutlicher gewesen, wenn er gleichzeitig einen Apfel gegessen hätte.

Und noch einen: Was bietet MIB Richard zu trinken an? Wasser! Was bietet Jacob ihm an? Wein!

Auch jene Motten-Symbolik aus „The Moth“ kommt indirekt vor – nämlich anhand eines Schmetterlings, der durch das Innere der Black Rock fliegt.

Die offensichtlichste Symbolik jedoch geht von Isabelas Kreuz aus. Das Kreuz repräsentiert natürlich den Glauben per se. Achtet darauf, wie widerwillig Richard das Kreuz mitnimmt, um Isabela retten zu können. Und achtet darauf, dass sie gestorben ist, als das Kreuz nicht um ihren Hals hing (sprich: als sie ihren Glauben verloren hat). Ebenso wichtig ist der habgierige Arzt, der in dem Moment, als er das Kreuz auf den Boden wirft, seinen Glauben wegwirft. Als Richard ihm das Kreuz in die Hand drückt, sagt er auch deutlich: „Now you have everything“ - sogar seine Seele. Der Arzt, der der Wissenschaft hörig ist, wirft jedoch den Glauben auf den Boden mit den Worten „This is worthless.“
Und auf der Insel? Seltsamerweise war Richards Kreuz verschwunden – wann hat er das Kreuz wiederbekommen? Nachdem er sich gegen den Mord an Jacob entschieden hat, drückt ihm MIB das Kreuz in die Hand mit den Worten: „You must have dropped it.“ Achtet auch darauf, dass Richard das Kreuz ansieht und in eben diesem Moment ist MIB verschwunden.
Die Tatsache, dass Richard das Kreuz vergräbt, zeigt seine Unentschlossenheit, inwieweit er der ganzen Jacob-Nummer trauen kann. Es repräsentiert einen Status quo.
Isabela, die offensichtlich von Jacob geschickt wurde, will auch sofort wissen, wieso Richard das Kreuz/seinen Glauben vergraben hat. Und erst in dieser Szene, in der er und Isabela sich wieder so nahe sind – erst in diesem Moment findet er seinen Glauben wieder und hängt sich das Kreuz wieder um seinen Hals.

Und BTW – was ist die Hauptstadt von Teneriffa, der Insel des Teufels? Natürlich: Santa Cruz – das heilige Kreuz. Und an diesem Punkt kann man auch erwähnen, dass der Name Isabela von Elisabeth kommt, was in etwa bedeutet: Gott ist Vollkommenheit. Und zum Abschluss: Richard stammt aus einem Kaff namens El Socorro – Socorro bedeutet Hilfe oder Errettung.



WIR SIND NICHT AUF EINER INSEL. WIR SIND IN EINER ALLEGORIE.
Nach den Informationen dieser Folge wage ich mich zum Ersten Mal daran, eine Art „allumfassende“ Theorie aufzustellen, worum es sich bei der Insel handelt. Auf die Gefahr hin, dass ich bereits im nächsten Recap wieder zurückrudern muss. Achtung: schwere christliche Symbolik kommt auf euch zu.
Die Insel ist in meinen Augen nicht weniger als eine Allegorie auf die gesamte christliche Welt. Whoa... what? Um es vereinfacht zu sagen: die Insel ist sowohl Himmel, als auch Hölle, als auch reale Welt.

Gehen wir die Orte dabei mal einzeln durch. Die Hölle festzumachen, ist der leichteste Aspekt: es ist Smokeys Höhle unter dem Tempel. Dort, wo der Teufel (MIB) die Seelen der eingefangenen (= rekrutierten) Leute hin befördert, und sie hinter seinem Gitter-Mechanismus einsperrt. Überlegen wir dabei auch, dass bereits in Staffel 2 mit den Hieroglyphen in der Swan-Station das Wort „Unterwelt“ zu lesen war.

Die „reale Welt“ ist die gesamte Insel. Im Hinblick auf die christliche Symbolik ist natürlich der Garten Eden gemeint. Und wer liegt nochmal in der Höhle auf eben dieser Insel? Zwei Skelette, die Adam und Eva getauft wurden. Wir sollten auch rekapitulieren, wann es den Losties am Besten ging. Nämlich zu einer Zeit, als sie alle am Strand bzw. in den Höhlen gelebt haben, sich von Fisch und Früchten ernährt haben und mit der Insel (unfreiwillig) in Koexistenz standen. Radikal verschlechtert hat sich die Lage erst, als sie die Swan-Station betreten haben und plötzlich Nahrungsmittel, Waschmaschinen etc. erhalten haben.

Der Himmel ist das, was am schwierigsten festzumachen ist. Ich denke, es handelt sich dabei um das Innere von Jacobs Statue (beziehungsweise generell seinen Einrichtungen, also inklusive Leuchtturm). Jacob sagt Richard deutlich ins Gesicht: „Nobody gets in, unless I invite them in.“ Und auch den Leuchtturm hat passenderweise nie ein Lostie zu Gesicht bekommen, bis Jacob es „genehmigt“ hat. Und der Satz „Nobody gets in, unless I invite them in“ lässt sich auf den Leuchtturm ja mehr als perfekt übertragen, stehen dort doch schließlich explizit die Namen der Leute, die „eingeladen“ sind.

Genau wie in der christlichen Symbolik schleicht von Zeit zu Zeit der Teufel in den Garten Eden, um die Menschen zu verführen, wobei der Teufel zahlreiche Gestalten annehmen kann (wie auch in der Bibel). Wir haben es in dieser Folge gesehen, wie er Richard verführen wollte, doch genaugenommen haben wir es schon viel häufiger gesehen. Soll es wirklich Zufall sein, dass Charlie ein mit Heroin gefülltes Flugzeug findet, kurz nachdem er den Drogen abgeschworen hat? Soll es Zufall sein, dass Hurley ein neuer Lebensmittelvorrat vor die Füße fällt, nachdem er seinen Vorrat zerstört hat? Und wieviele Visionen von Lost könnten wir damit nicht plausibel erklären? Desmond, dem die Chance gegeben wurde, in die Zeit zurückzureisen und seine Beziehung mit Penny in eine andere Bahn zu lenken. Und gleich nochmal Desmond mit seinen Visionen vom Tod Charlies, bei denen er vielleicht verführt werden sollte, Charlie zu opfern, um seine Penny wiederzubekommen.

Das verblüffende: auch vieles andere ließe sich mit dieser Theorie plausibel erklären.
Richard würde als Mittelsmann in dieser Allegorie die Rolle eines Propheten gleichkommen, der den Willen Gottes an die Gläubigen verbreitet. Die Gläubigen sind niemand anderer als die Others. Der Anführer der Others wäre die höchste spirituelle Instanz auf Erden (nach katholischem Leitbild wäre er also der Papst), Dogen hätte die Rolle eines Hohepriesters, der die religiösen Zeremonielle vollführt. Und sogar Jacobs Listen könnte man plausibel erklären. Hierzu muss man kurz natürlich verstehen, dass die Listen der Kandidatensuche völlig andere Listen waren, als jene, die in Staffel 2 und 3 erwähnt wurden. Bei diesen Listen ging es nämlich lediglich darum, wer der Neuankömmlinge zu den Others aufgenommen werden sollte. Sprich: welche dieser Personen Teil des Auserwählten Volkes seien. Dementsprechend wäre es auch absolut plausibel, weshalb Pickett einst meinte, dass Jack nicht auf Jacobs Liste stünde. Pickett meinte die Liste von Leuten, die die Others aufnehmen sollten. Von der Liste der Kandidaten hatte er überhaupt keine Ahnung. Nicht einmal Richard wusste Details über diese Angelegenheit.

Die Theorie greift sogar noch weiter: die Spaltung der Others in eine Tempelgruppe und eine Baracken-Gruppe kann sinnbildlich für die Kirchenspaltung stehen. Eine Gruppe, die den elementaren Regeln der Religion folgt und eine Gruppe, die Reformen anstrebt und den Focus mehr und mehr auf den weltlichen Aspekt legt. DAS könnte auch der Grund sein, weshalb Ben Jacob nie sehen durfte: weil er sich zu weit von den religiösen Wurzeln entfernt hat, und sich somit sein Recht verspielt hat, die spirituell höchste Instanz sehen zu dürfen. Dies reflektiert die Verbannung aus dem Paradies nach dem Sündenfall, bei dem Gott zwar omnipräsent ist, jedoch nicht länger sicht- und greifbar. Richard Alpert sagt es sogar wortwörtlich, als er den verletzten Ben in den Tempel trägt: „He will no longer be innocent“

Sogar die Dharma Initiative und das US-Militär lassen sich in diesen „religiösen Kreis“ integrieren. Die Dharma Initiative, die die spirituellen Regeln der Insel komplett ignoriert hat (der Sonarzaun war auch eine sinnbildliche Grenze zur spirituellen Seite der Insel) und einzig in der Wissenschaft ihre religiöse Erfüllung gefunden hat, was unweigerlich zu ihrer Selbstzerstörung geführt hat. Das US-Militär, dass in einer ähnlich motivierten Art die Insel zu ihrem Versuchslabor machen wollte (hier war es kein Sonarzaun, sondern Tretminen, die die Trennungslinie darstellten).

Und in der Mitte des Ganzen stehen die Losties. Sie sind keiner Seite klar zuzuordnen – sie sind jene Schäfchen, um die sowohl Gott als auch der Teufel buhlen. Und ich sage bewusst Schäfchen, angesichts der Tatsache, dass wir einen Jack Shephard (= Hirte) auf der Insel haben. Dass die Gläubigen (Others) durch ihre Handlungen gegen den Willen Jacobs gehandelt haben, lässt sich sehr passend übertragen, auf die Tatsache, wieviel Blut durch die monotheistischen Religionen vergossen wurde, obwohl allen eine friedliche Botschaft zugrunde liegt.

Nur um Missverständnisse vorzubeugen: ich sage nicht, dass die Insel der „reale“ Garten Eden ist, ich denke vielmehr, dass die gesamte Insel nicht mehr ist, als ein Sinnbild. Eine Art Gleichnis, die uns in einer simplifizierten Art die Grundzüge der monotheistischen Religionen vermittelt.



BETTER TO REIGN IN HELL THAN SERVE IN HEAVEN
Es ist erschreckend, dass ich bis zu dieser Folge nie auf die Idee gekommen bin, Parallelen zum Buch „Das verlorene Paradies“ (Original: Paradise Lost) von John Milton zu ziehen. Ich habe es leider nie gelesen, deshalb musste Wiki herhalten. Aber urteilt selbst, wie viele Parallelen ihr seht:
Das Buch steigt direkt ins Geschehen ein, vorangegangene Handlungen werden im Stil von Rückblendungen und Erzählungen dargestellt. Das Buch dreht sich um den Versuch von Satan, die neu geschaffenen Menschen zu verführen. Satan hatte vorher im Himmel versucht, gegen Gott zu rebellieren, und ist als Strafe in die Hölle verbannt worden. Durch rhetorisches Geschick und Versprechungen schart der Teufel Anhänger um sich, um sich an Gott zu rächen. Da er auf direktem Weg gescheitert ist, wählt er ab jetzt den Weg des Betrugs. Sein Hass entspringt aus der Verbannung und seiner Unfähigkeit, diese zu akzeptieren. Der Teufel nimmt die Form einer Schlange an und verführt Eva dazu, in den Apfel zu beißen, was den Sündenfall auslöst. Gott verhindert diesen Sündenfall nicht, da es ihm darum geht, dass die Menschen ihre freie Entscheidung treffen. Adam und Eva werden aus dem Paradies vertrieben, erhalten jedoch von Engel Michael mitgeteilt, dass sie nur aus dem physischen Paradies vertrieben wurden, sich ihnen jetzt jedoch eine neue Welt eröffnet, die sie zu einem ebenso guten, wenn nicht besseren, Ort machen können.
Puh... heavy, oder?



DID YOU NOTICE?
  • Das Messer, dass MIB Richard überreicht, hat eine Abbildung von einer Wölfin, die Romus und Remulus säugt → ein klarer Pluspunkt in Richtung der Theorie, dass MIB und Jacob Gebrüder sind
  • Der Kapitän der Black Rock ist Magnus Hanso, verwandt mit dem Financier der Dharma-Initiative, Alvar Hanso

DEATH WATCH „THE PACKAGE“
Auch, wenn in den letzten Folgen eigentlich niemand mehr gestorben ist, setze ich diese Kategorie munter fort... bis sie endlich alle sterben ;)
Stark gefährdet – Jin, Zoe, Seamus, Cindy
Leicht gefährdet – Kate, Sun

FAZIT
Die Größte Geschichte aller Zeiten... bei Lost ;)

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